5. Januar 2020

Immer mehr Demenzkranke in Deutschlands Kliniken

Bonn –Deutschlands Krankenhäuser müssen umdenken. „Die Zahl der Patienten mit Demenz nimmt in den Krankenhäusern stetig zu“, mahnt der Vorsitzende des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland (kkvd), Theo Paul. „Für sie müssen die Krankenhäuser besondere Sorge übernehmen.“

Einig sind sich die Experten auch, dass das Problem in der alternden Gesellschaft zunehmen wird. 2016 wurden in Deutschland 8,56 Millionen Patienten über 65 Jahren stationär in allgemeinen Fachabteilungen behandelt. Das entspricht einem Anteil von 44,7 Prozent aller Behandelten. Tendenz steigend.

„Vielfach werden Demenzerkrankungen erst während des Klinikaufenthaltes bemerkt, manchmal gar nicht“, betont die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. Die Patienten kommen mit Knochenbrüchen oder Lungenentzündungen, benötigen aber häufig viel mehr als die übliche Behandlung.

Eine Ende 2018 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte repräsentative Studie zu Kranken­häusern in Bayern und Baden-Württemberg zeigt das Ausmaß des Problems. Danach wiesen 40 Prozent der über 65 Jahre alten Krankenhauspatienten kognitive Beeinträchtigungen auf, mehr als 18 Prozent waren an Demenz erkrankt. Nur bei 36,7 Prozent der Patienten mit Demenz enthielt die Krankenakte entsprechende Hinweise.

Das Problem ist dramatisch unterschätzt

„Die meisten Krankenhäuser sind bisher nicht auf Menschen mit Demenz eingestellt“, kritisiert die Alzheimer Gesellschaft. Das Problem werde dramatisch unterschätzt, betont Vorstandsmitglied Winfried Teschauer. „Bei etwa 17 bis 18 Millionen Behandlungsfällen im Jahr sprechen wir also über Millionen von Patienten“, so der Gerontologe. In einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung gaben 82 Prozent der Pflegekräfte in Akutkrankenhäusern an, immer häufiger mit demenzkranken Patienten zu tun zu haben. Aber nur 30 Prozent fühlen sich ausreichend qualifiziert.

„Für Menschen mit Demenz ist das Krankenhaus ein gefährlicher Ort“, mahnte die Deutsche Stiftung Patientenschutz am Donnerstag. Demenzkranke, die abrupt aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen werden, werden oft orientierungslos und entwickeln Ängste. Sie verstehen die Abläufe und die starren Vorgaben im Krankenhaus nicht und haben keine Bezugspersonen. Im Extremfall versuchen sie, aus der Klinik zu fliehen. „Diese Mangelsituation führt nicht selten zu unnötiger Verabreichung von Schlafmedikamenten und zu fragwürdigen Fesselungen von Patienten“, warnt der Kölner Pflegewissenschaftler Michael Isfort.

Quelle: aerzteblatt.de